Sonifikation von Elektroenzephalogramm-Daten
Ausgangspunkt der Arbeit waren Daten, bereitgestellt von der University of York, die während eines Spaziergangs durch die Stadt Edinburgh an einem Probanden gemessen wurden. Das dabei benutzte EEG-Neuro-Headset erfasst mit Hilfe von 14 Elektroden den Verlauf von Hirnströmen und damit die Gehirnaktiviät.
Zusätzlich werden, in Verbindung mit der zugehörigen Software, Daten zum emotionalen Status analysiert.
Diese Emo-Daten, die die Stimmung des Probanden wiedergeben, teilen sich in vier Kategorien: Excitement (Erregung/Aufregung), Engagement/Boredom (Beschäftigtsein /Langeweile), Meditation und Frustration.
In der hier zu hörenden Fassung erscheinen die sonifizierten Emo-Daten in den ersten 30 Sekunden und am Schluß des Ausschnitts in der Hörraum-Mitte.
Diese Sonifikation, als künstlerische Arbeit, verwandelt das eigentlich wissenschaftlichen bzw. medizinischen Zwecken dienende Ausgangsmaterial in eine zeitliche und klangliche Form und verdeutlicht damit einen inneren Gehalt, der nur in diesem zeitlichen Vorgang erlebbar ist.
Daten, insbesondere Massendaten erfahr- und erlebbar zu machen, ist das Ziel von Sonifikation. Der nüchterne Daten- bzw. Zahlensatz wird in einen Klang-Raum gestellt und erhält somit eine emotionelle Umhüllung. In diesem besonderen, sonifizierten Aspekt ist er sofort und unmittelbar erfassbar. Nichts muss gelesen oder nachgesehen werden. Der Klang ist als ein Ganzes, als Repräsentation eines Zustands, schon da.
Die zeitgleiche Wahrnehmung der elektrischen Vorgänge im Gehirn wird hier ganzheitlich ermöglicht. Die Hirntätigkeit einer Person, selbstverständlich ohne das Denken inhaltlich zu verstehen, wird in ihrer Intensität nachvollziehbar.
Der Grad der Erregung des Probanden und seine Teilnahme am Geschehen in seiner unmittelbaren Umwelt zeigt sich sehr deutlich. Die Komplexität im Zusammenspiel der Hemisphären und Hirnareale erscheinen als räumliches Gebilde. Man spürt, wie Denken sich „anfühlt“, könnte man es denn fühlen. Dabei fällt eine Neigung zu einer rhythmischen 3-er Struktur auf. Das Gehirn scheint zu tanzen.
Diese Arbeit wird als 4-Kanal-Installation am 12.09.2014 im Rahmen der SoniHED-Conference an der University of York zu hören sein. Die hier im Ausschnitt vorgestellte Fassung in 2-Kanal-Stereo vermag nur ungefähr einen Eindruck von der Räumlichkeit zu geben. Die beschriebene Komplexität der quasi miteinander dialogisierenden Hemisphären ist aber sehr gut hörbar. Die Vorgänge laufen in Echt-Zeit, im ursprünglichen Tempo und Zeitrahmen ab. Hierzu war ein Eingriff in den gegebenen Datensatz notwendig. Die mit einer Samplingrate von 128 Hz aufgezeichneten Daten unverändert zu übernehmen, hätte lediglich ein un(er)hörbares Chaos ergeben. Das notwendig gröbere Raster in der Datenauswahl, und hier setzt spätestens der künstlerische Eingriff an, nivelliert die Genauigkeit der ursprünglichen Aufzeichnung zugunsten einer als Ganzes hörbaren, mehr Tendenzen aufzeigenden, Komplexität und Gleichzeitigkeit.
Wiederum, wie schon in der Arbeit zur Sonifikation von Primzahl-Mustern, sind Sinus-Wellen Grundlage des Klangs. Ihre (relative) Obertonfreiheit macht die für die Analyse notwendige Reinheit des Klangs möglich und unterstreicht damit den Anspruch, Sonifikation als ein Analyse-Tool zu etablieren. Dies schließt die Suche nach neuen ästhetischen Formen und deren weitere Entwicklung mit ein, was ihre Bedeutung noch steigern sollte.
Wie immer, das Abhören unter Kopfhörer empfohlen,besonders um die direkte räumliche Darstellung wahrnehmen zu können.