The Hidden Sound of Prime Numbers

Das große Rätsel  – Primzahlen –

Zahlen, originär virtuell, manifestieren sich in Mengen, Proportionen oder aber auch als Klänge, die als Anzahl von Schwingungen pro Zeiteinheit, als akustische Wellen über die Luft durch den Hörsinn, „gezählt“ werden können.

Das Ohr ist das überragende Meßgerät/ -organ, über das der Mensch verfügt. Keiner der übrigen Sinne kann es an Genauigkeit und Empfindlichkeit mit dem Hörsinn aufnehmen. So ist der Mensch in der Lage, bspw. auf einer CD-Aufnahme, die eine Samplingrate von 44.100 Samples je Sekunde besitzt (eine Sekunde wird in 44.100 Teilstücke aufgeteilt, ein jedes Dauert eine 44.100-stel Sekunde, also 0,000022 s), einen Versatz um 3 Samples (0,000068 s) wahrzunehmen. – Dinge zum Klingen gebracht, sagen etwas von sich, dass wir sehend oder tastend nicht wahrnehmen könnten.

Die überraschende Preisgabe der verborgenden Klänge der Primzahlen waren ihre ästhetische Besonderheit – deren Schönheit.

Ordnet man die Zahlengerade, auf der die Primzahlen in immer größer werdenden Abständen aufeinander folgen, aber auch immer wieder inselartig in kurzer Distanz nacheinander auftreten, in Form einer Spirale an (Stanislaw Ulam, Mathematiker in Princeton tat dies 1963 zum ersten Mal), so überrascht die geheimnisvolle Geordnetheit ihres Auftretens –  vor schwarzem Hintergrund, wie in diser audio-visuellen Realisation,  eine fast galaxienartige Erscheinung. Aus der Vielzahl der hierbei entstehenden Muster galt es eine Auswahl zu treffen. Diese Muster werden durch Hervorheben sichtbar und in ihrer klanglichen Repräsentanz hörbar.

Gewissermaßen als rhythmisches Grundgerüst dieser algorithmischen Komposition erscheint die Primzahlreihe in ihrer Abfolge als kurze Impulse, durchlaufend durch das gesamte Stück. D.h. es wird vom Startpunkt fortlaufend gezählt und jede erreichte Primzahl als Klangimpuls ausgegeben. Ist die Zahl 77 erreicht, setzt jeweils eine neue „Perkussionsstimme“ ein. Ein immer dichter werdender Kanon entsteht. Neben den Klängen aus den Primzahlmustern, deren Zahlen auf der linken Seite des Bildes aufleuchten, werden auch Klänge aus den Primzahlzwillingen generiert. Deren Zahlen erscheinen rechts.

In rascher Folge wird ein Teil dieser Primzahl-Galaxie auch diagonal und vertikal durchmessen. Diese „Klangblitze“ sind kurze, ornamenthafte Gebilde.

Der zeitlichen und formalen Abfolge liegt die Zählung der Rückwärtsfolge, von 500 bis 1 zugrunde. Hier löst jede erreichte Primzahl eine klangliche Aktion aus. Als Element des Zufälligen erfolgt die Auswahl der zuvor festgelegten Muster arbiträr durch das Programm. Somit ist jeder Stückdurchlauf einzigartig. Gezeigt wird hier somit nur eine mögliche Version.

(Benutzung von Kopfhörern oder guten Boxen empfohlen, da sonst nicht alle der tiefen Frequenzen hörbar sind)

Zusätzliche Informationen im Booklet:

https://tiloschmalenberg.files.wordpress.com/2017/03/masterpracc88sentation-booklet2_150706.pdf

 

Die erste Zeichnung der Primzahlen in Spiralanordnung.

In der Mitte beginnend mit der 1, wird jede Zahl als Punkt markiert, Primzahlen werden stark markiert. Die Primzahl verteilung von 1 bis etwas über 10.000.

Scan_Primzeichnung1

(In der späteren Computerrealisation erwies sich die Zeichnung, trotz aller Sorgfalt doch als fehlerhaft. Das Abzählen solcher Mengen ist eine schwierige Sache.)

 

Die Spiralanordnung in Dreicksform.

Besonderes Augenmerk liegt hier auf den Primzahlzwillingen, die gelbe Punkte erhielten. Die übrigen Primzahlen sind schwarz gezeichnet. Die unterschidlichen Abstände zwischen den einzelnen Primzahlen sind entsprechend ihrer Größe mit Punkten in Rot- nach Blautönen aufgetragen. Der Zahlbereich verläuft von 1 bis etwas über 7.500.

Scan_Primzeichnung2

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SoniHED – University of York

Sonifikation von Elektroenzephalogramm-Daten

Ausgangspunkt der Arbeit waren Daten, bereitgestellt von der University of York, die während eines Spaziergangs durch die Stadt Edinburgh an einem Probanden gemessen wurden. Das dabei benutzte EEG-Neuro-Headset erfasst mit Hilfe von 14 Elektroden den Verlauf von Hirnströmen und damit die Gehirnaktiviät.

Zusätzlich werden, in Verbindung mit der zugehörigen Software, Daten zum emotionalen Status analysiert.

Diese Emo-Daten, die die Stimmung des Probanden wiedergeben, teilen sich in vier Kategorien: Excitement (Erregung/Aufregung), Engagement/Boredom (Beschäftigtsein /Langeweile), Meditation und Frustration.

In der hier zu hörenden Fassung erscheinen die sonifizierten Emo-Daten in den ersten 30 Sekunden und am Schluß des Ausschnitts in der Hörraum-Mitte.

Diese Sonifikation, als künstlerische Arbeit, verwandelt das eigentlich wissenschaftlichen bzw. medizinischen Zwecken dienende Ausgangsmaterial in eine zeitliche und klangliche Form und verdeutlicht damit einen inneren Gehalt, der nur in diesem zeitlichen Vorgang erlebbar ist.

Daten, insbesondere Massendaten erfahr- und erlebbar zu machen, ist das Ziel von Sonifikation. Der nüchterne Daten- bzw. Zahlensatz wird in einen Klang-Raum gestellt und erhält somit eine emotionelle Umhüllung. In diesem besonderen, sonifizierten Aspekt ist er sofort und unmittelbar erfassbar. Nichts muss gelesen oder nachgesehen werden. Der Klang ist als ein Ganzes, als Repräsentation eines Zustands, schon da.

Die zeitgleiche Wahrnehmung der elektrischen Vorgänge im Gehirn wird hier ganzheitlich ermöglicht. Die Hirntätigkeit einer Person, selbstverständlich ohne das Denken inhaltlich zu verstehen, wird in ihrer Intensität nachvollziehbar.

Der Grad der Erregung des Probanden und seine Teilnahme am Geschehen in seiner unmittelbaren Umwelt zeigt sich sehr deutlich. Die Komplexität im Zusammenspiel der Hemisphären und Hirnareale erscheinen als räumliches Gebilde. Man spürt, wie Denken sich „anfühlt“, könnte man es denn fühlen. Dabei fällt eine Neigung zu einer rhythmischen 3-er Struktur auf. Das Gehirn scheint zu tanzen.

Diese Arbeit wird als 4-Kanal-Installation am 12.09.2014 im Rahmen der SoniHED-Conference an der University of York zu hören sein. Die hier im Ausschnitt vorgestellte Fassung in 2-Kanal-Stereo vermag nur ungefähr einen Eindruck von der Räumlichkeit zu geben. Die beschriebene Komplexität der quasi miteinander dialogisierenden Hemisphären ist aber sehr gut hörbar. Die Vorgänge laufen in Echt-Zeit, im ursprünglichen Tempo und Zeitrahmen ab. Hierzu war ein Eingriff in den gegebenen Datensatz notwendig. Die mit einer Samplingrate von 128 Hz aufgezeichneten Daten unverändert zu übernehmen, hätte lediglich ein un(er)hörbares Chaos ergeben. Das notwendig gröbere Raster in der Datenauswahl, und hier setzt spätestens der künstlerische Eingriff an, nivelliert die Genauigkeit der ursprünglichen Aufzeichnung zugunsten einer als Ganzes hörbaren, mehr Tendenzen aufzeigenden, Komplexität und Gleichzeitigkeit.

Wiederum, wie schon in der Arbeit zur Sonifikation von Primzahl-Mustern, sind Sinus-Wellen Grundlage des Klangs. Ihre (relative) Obertonfreiheit macht die für die Analyse notwendige Reinheit des Klangs möglich und unterstreicht damit den Anspruch, Sonifikation als ein Analyse-Tool zu etablieren. Dies schließt die Suche nach neuen ästhetischen Formen und deren weitere Entwicklung mit ein, was ihre Bedeutung noch steigern sollte.

Wie immer, das Abhören unter Kopfhörer empfohlen,besonders um die direkte räumliche Darstellung wahrnehmen zu können.

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Die verborgene Klanglichkeit der Primzahlen

….lautet der Titel meiner Masterarbeit, die ich hier Interessierten zu lesen geben möchte. Ich tue das jetzt, da sie ausnehmend gut beurteilt wurde und ich mit der letzten mündlichen Prüfung und der darauffolgenden Bekanntgabe der Benotung heute auch mein Studium erfolgreich absolviert habe.

Die Arbeit schildert mein Herangehen an das Thema Primzahlen und Sonifikation. Im vorigen Post findet sich eine gekürzte Version der audio-visuellen Komposition, in die dies einen ersten Niederschlag gefunden hat. Beschrieben wird ein Prozess, dessen Ergebnis letztlich jedoch zu immer weiteren Fragen und Ideen geführt hat und daher ein unbedingtes Weiterarbeiten erfordert.

Denn für mich hat sich eine bis dahin unbekannte Tür zu einer Klanglichkeit und Bildhaftigkeit geöffnet, die, ohne Esoterischem (wissend um diese Gefahr) verfallen zu wollen, eine eigene Welt im künstlerischen Sinne darstellt. Es ist die Faszination des Suchens und des Fragens. Antworten sind nicht zu erwarten, als (und was gäbe es besseres?) hoffentlich ein tiefes Staunen.

 

Deckblatt

Master_Klanglichkeit_Primzahlen

 

P.S. Anzumerken ist, dass dies nur ein Teil der Masterarbeit darstellt. Der künstlerische Teil hat einen Anteil von zwei Dritteln am Ganzen. TS